29 August 2011

Bremen Challenge 2012

Der Eingang zum Überseehafen in Bremen.
Today I attended the Bremen Challenge Race in ...surprise, surprise, Bremen. For the benefit of the other participants I know I am writing this post in German. All other readers please enjoy the pics.


Bremen, oder, "Das kleine Hamburg an der Weser", wie es die Einheimischen liebevoll nennen, zeigte sich heute wieder einmal von seiner eratischen Seite. Dunkle Wolken, kurze Schauer, Sonnenschein und vor allem viel Wind. Der Wind wehte teilweise so stark, dass man beim Pinkeln in freier Wildbahn schon gut überlegen musste in welche Richtung man loslegt, um sich nicht selbst zu besudeln und beim Start als unfähiger Idiot aufzutauchen. Ausserdem war es kalt, oder in Anlehnung an Nick Nolte in "48 Stunden": "Der kälteste Winter, den ich je erlebte war der Sommer 2011 in Bremen."
Landschaftsgestaltung im Hafengebiet. Charmantes Nichts.
Ich kam, registrierte mich und bekam einen Beutel mit dem üblichen Schickschnack. Ich finde das ja unpraktisch, da ich, wie es sich gehört mit dem Rad gekommen bin und meine Familie, wie es sich gehört, zuhause geblieben ist, so dass ich keinen Platz für Schnickschnack habe. Es ist auch immer derselbe Schnickschnack. Wasserflaschen, T-Shirts und Papier. Die T-Shirts geben immerhin noch gute Lappen beim Radputzen ab, aber die Wasserflaschen nehmen nur Platz im Küchenschrank weg und schimmeln vor sich hin. Warum werden nicht einmal Sachen verteilt, von denen ich nicht bereits zwanzig im Schrank habe, wie z.B. Küchenscheren, Rasentrimmer oder 5 Zoll Diskettenlaufwerke? Egal, ich versuchte dann das T-Shirt in die Wasserflasche zu stopfen, damit ich es mitnehmen konnte aber es wollte mir nicht zur Gänze gelingen. Also kam das ganze in einen Hohlraum unter den Absperrungen, wo ich es dann am Ende des Rennens abholen konnte.


Ich drehte ein paar Runden auf dem 1,5 km Pro Kurs und sah Muckel und Campa. Vor dem Start hingen Tafeln mit Duchschnittsgeschwindigkeiten und man sollte sich nun in realistischer Selbsteinschätzung am Start aufstellen. Ich suchte vergeblich die Tafel für 36,72 km/hr (realistische Selbsteinschätzung) und stellte dann fest, das eine realistische Selbsteinschätzung durch die Massen von Radfahrern vor mir massiv behindert wurde. Also starteten Enrico und ich von irgendwo aus der unrealistischen Mitte.


Und schon ging es los und auch gleich gut ab. Ist ja immer so, die ersten 300 Meter fährt man noch normal da die Straße einfach zu voll ist, aber danach wird brutal Tempo gemacht und man muß gucken, daß man nach vorne kommt. Die lange Gerade runter wollte ich gerade an einer Gruppe vorbeizischen, als mir siedend heiß einfiel, was ich die ganze Woche einmal abends nach der Arbeit machen wollte: Mein Schaltwerk einstellen. Die beiden höchsten Gänge rasteten überhaupt nicht mehr ein. Also eigentlich fiel mir das zunächst auf und dann wieder ein. So war ich dann gezwungen (Kompaktkurbel für die Berge, nicht Bremen tauglich) irrsinnig schnell zu treten. Jeder Trainer, der hochfrequentes Treten propagiert, weil das ja so viel effektiver und gesünder ist und die Pros das machen wäre von mir begeistert gewesen. Ich bin aber ein Brutalo-Kraft-Treter, so dass meine Maximalgeschwindigkeit nun auf ca. 45 km/hr begrenzt war.


Die erste von 6 x 10km Runden lief gut. Highlight war das kaputte Strassenbahnwartehäuschen mit entgegenkommendem Krankenwagen auf der Strecke. So etwas wünscht man keinem. In der 2. Runde glaubte ich dann, ich könnte in realistischer Selbsteinschätzung alleine die Distanz zur vordereren Gruppe überbrücken. Ich biss die Zähne zusammen und hatte auch einen Mitstreiter auf einem wunderschönen roten Olmo, aber wir hätten skeptisch werden sollen als die Distanz nicht weniger wurde. Danach war ich so ausgepumpt und schwindelig vom hochfrequenten Treten, dass mich die ursprüngliche Gruppe komplett nach hinten durchreichte und ich den Anschluß verlor. Schlecht, vor allem dann das Fahren mit drei, vier anderen Loosern wie mir.
Aber am Ende der zweiten Runden kam das Team der senatorischen Behörden mit einer recht großen Gruppe und dort konnte ich mich wieder gut einreihen. Die senatorischen Behörden haben ja wegen einer absolut stressfreien beruflichen Tätigkeit viel Zeit zur Ausübungen ihrer sportlichen Hobbies und sind daher auch recht flott dabei. 


Danach wurde es geradezu langweilig. Das Tempo war nicht übermäassig schnell, also etwa 34 - 38 km/hr und es war auch keine schnellere Gruppe da, zu der ich hätte aufschliessen können. Also blieb ich, wo ich war und fuhr schön mit. Bloss nicht in den Wind fahren. Es war so langweilig, dass ich für einen Moment überlegte, ob ich nicht einmal ausprobieren sollte wie die Pros auf der Tour vom Rad aus zu pinkeln, ich verwarf diesen Plan aber wegen den völlig unkalkulierbarren Windböen. Dann fing es auch mal an zu nieseln, aber zum Glück hörte DAS auch wieder auf.


Und so ging es dann bis in die letzte Runde. Jetzt wurde das Tempo auch wieder ein wenig schneller und der allgemeine Adrenalinspiegel stieg. Taktisch fuhr ich ganz gut nach vorne. Das sollte sich auch wenige Minuten später auszahlen, denn da hörte ich links hinter mir nur einige kurze Flüche und dann die typischen Geräusche von Carbon und rasierten Unterschenkeln auf Asphalt. Das nach vorne arbeiten klappte ganz gut und in der letzten Doppelkurve war ich innen positioniert. Innen ist besser, denn nach aussen fliegt man.


Auf der Zielgraden fingen dann viele an direkt nach der Kurve bei der 250m Marke den Spurt anzuziehen. Das kann man aber nicht durchhalten, ist einfach zu lange, so dass ich mich schön an ein Hinterrad klemmte, Miss Poco stehen liess, einen orangen Stadtkurier noch abfing und mich freute heil und lebendig ins Ziel gekommen zu sein.
Die Gewinnerinnen in der Frauenwertung. Miss Poco hält die gelben Blumen. Die beiden im kleinen Schwarzen sind leider nicht mitgefahren.
Wiegtrittler nach dem Rennen.
Das Rad des Gewinners in der Jedermann Klasse. Das Pflaster ist eine hübsche Idee, hatte ich aber schon mal gesehen, wo war das nur ....?
Genau hier: "Das verwundete Klavier" von Joseph Beuys im Centre Pompidou, Paris.
Ich traf dann noch ein paar andere Bremer, wie die rote S. , Muckel und Enrico wieder, trank einen Kaffee und schaute mir die Siegerehrung an. Es gibt übrigens Weltmeister für Disziplinen die nicht unbedingt jedem bekannt sind. Weltmeister der Radkuriere kannte ich aus eigener schmerzhafter Erfahrung in Tokyo 2009, als ich nicht mitfahren durfte, da ich Bremsen an meinem Rad hatte. How uncourier-like! Aber was bitte ist denn die beliebteste Hobbysportlerin Deutschlands bitte? Oder sollte das die beleibteste Hobbysportlerin Deutschlands gewesen sein, das wäre wenigstens quantifiziertbar gewesen.

Und siehe da, Miss Poco war zweite bei den Frauen geworden. Das entspricht in etwa meiner Erfahrung in Japan, wo ich mich auch zeitlich in etwa bei den guten Frauen wiederfand. Die Siegerehrung dauerte etwas lang, mir wurde kalt und ausserdem hatte ich ja noch weitaus interesantere Dinge für den Tag geplant: Den Schimmel von den Wänden im Zimmer meines pubertierenden Sohnes zu entfernen! Eine echte Alternative zum Pro-Rennen schauen.

Nach dem Rennen, Silke und Andreas
Dieses Erfinden von neuen Sportarten geht mir ohnehin etwas auf den Keks. "Früher" gab es gutaussehende deutsche Sportler wie Liesel"Diskus" Westermann, Klaus "Speer" Wolfermann oder Dieter "Zahnpasta" Baumann die in Sportarten Siege einfuhren die es seit tausenden von Jahren gibt: Etwas in die Gegend werfen und dann schnell wegrennen. Heute gewinnen Sportler aus Löndern, die weitaus jünger sind als diese Sportarten, oder schnell auftauchen und wieder verschwinden werden (sogenannte Atlantisländer wie Süd-Mikronesien) und die deutschen Sportler gewinnen in diesen uninteressanten Randsportarten wie Biathlon, die dann auch noch in epischer Breite im TV übertragen werden. Da werden diese nun auch verdrängt, so dass wir bald im Fernsehn Übertragungen der WM im "Wassersieden auf dem Sessellift" oder "Nordic Biathlon" (Biathlon im Sommer mit Schiesstöcken) ertragen werden müssen. Gähn. 


Also ging ich erst einmal zum Speicher 108 an der HfK und trank einen Kaffee, wo ich von einer schnöseligen Kunststudentin,  die in Antizipierung ihres zukünftigen Erfolges es nicht nötig hatte mich zu  bedienen, nicht bedient wurde und fuhr dann zurück und schaute mir noch etwas die Pros an. Also, zwischen dem Jedermann Rennen und den Pro Rennen gibt es einige signifikante Unterschiede, die vielleicht nicht jedem bewusst sind. Deshalb sind sie hier noch einmal explizit und in allen Details aufgeführt:
So fahren die Pros! Unglaublich!


1. Die Pros sind dünner als die Jedermänner.
2. Die Pros sind weniger als die Jedermänner und vor allem
3. Die Pros haben weniger Zuschauer als die Jedermänner.


Ein rundum schöner Tag in der Überseestadt. Danke an Alle. Das Entwerfen von Schimmel rundete den Tag ab.
Mein Rad. Carbon. Plastik vor Plastikmüll. Sieht aber jetzt endlich mit zwei weissen Felgen bestückt richtig gut aus.
Optmimierte Lenkerposition nach Windtunneltests.

4 comments:

David Litt said...

Thanks, MOB. I enjoyed the pictures ... actually, I thought it was a joke since there are no pictures, until I ran the post through Google translator:

http://translate.google.com/translate?hl=en&sl=de&tl=en&u=http%3A%2F%2Fpositivo-espresso.blogspot.com%2F2011%2F08%2Fbremen-challenge-2012.html

This told me that pictures will, indeed, follow tomorrow.

Congratulations on making it through safely.

Lulle said...

Wie immer, ein genialer Bericht!!! :D
Du hättest Schriftsteller werden sollen!!!

Manfred von Holstein said...

As Lulle says, a nice and funny report as always! And almost mistake free... :)

Congratulations on finishing this race, without any hickups like in Berlin. Maybe Bremen has by now become your real home turf?

mob said...

Updated the post, included pictures and corrected some of the mistakes. Yes, Bremen is my home turf now. However, if I want to get accepted by the locals, I need to be more careful commenting about Hamburg.